Werkstattgespräch mit Senatorin Katharina Günther-Wünsch
Das Werkstattgespräch fand erstmals in der Zentrale des Caritasverbandes in Wedding statt.Walter Wetzler
Im Mittelpunkt stand die Frage: Wie kann die Familien- und Jugendhilfe in Berlin gestärkt werden? Diskutiert haben Katharina Günther-Wünsch, Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, Caritasdirektorin Prof. Dr. Ulrike Kostka sowie Caritas-Vorständin Cornelia Piekarski.
Ulrike Cornelsen leitet eine Kita mit 53 Plätzen in Reinickendorf. Walter Wetzler
Durch den Abend führte Jens-Uwe Scharf, Abteilungsleiter Sozial- und Fachpolitik. Er brachte immer wieder Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis mit ins Gespräch, die ihre Erfahrungen aus erster Hand schilderten und die Senatorin direkt mit ihren Anliegen ansprechen konnten. Zu Beginn machte Scharf deutlich: Kinder, Jugendliche und Familien stehen aktuell vor enormen Herausforderungen: Finanzielle Belastungen, Wohnungsmangel, Krisen und eine unsichere Zukunft. So seien auch Kitas zunehmend mit gesellschaftlichen Problemen konfrontiert. "Sprachbarrieren und gesundheitliche Probleme erschweren die Integration vieler Kinder", erklärte Ulrike Cornelsen, die eine Kita mit 53 Plätzen in Reinickendorf leitet.
„Kitas brauchen ein starkes Netzwerk, um Eltern und Kinder gut unterstützen zu können“, gab Caritasdirektorin Ulrike Kostka zu bedenken. Walter Wetzler
"Kitas brauchen ein starkes Netzwerk, um Eltern und Kinder gut unterstützen zu können", gab Caritasdirektorin Ulrike Kostka zu bedenken. Daraufhin räumte Katharina Günther-Wünsch ein, dass sich die Herausforderungen und die Rolle der Kitas in den letzten zehn Jahren sehr verändert habe. "Die Kita ist längst nicht mehr nur eine Betreuungseinrichtung. Heute ist die Kita die erste Bildungsinstitution", betonte Günther-Wünsch. "Mir ist es wichtig, das Personal zu halten - der Betreuungsschlüssel für die unter Dreijährigen soll noch in dieser Legislaturperiode verbessert werden."
Schulsozialarbeit: Ein unverzichtbares Angebot
„Schülerinnen und Schüler müssen mit hohen Erwartungen umgehen – das setzt sie enorm unter Stress", so Schulsozialarbeiter Uwe Thien von IN VIA. Walter Wetzler
Auch Schülerinnen und Schüler sind mit wachsendem Druck konfrontiert. Schulsozialarbeiter Uwe Thien von IN VIA machte die Perspektive der Kinder und Jugendlichen sehr deutlich: "Schüler:innen müssen mit hohen Erwartungen umgehen - von den Eltern, der Gesellschaft und der Schule selbst. Das setzt sie enorm unter Stress." Schulsozialarbeit biete den jungen Menschen einen geschützten Raum, um zur Ruhe zu kommen, erklärte Thien weiter. "Doch die Finanzierung ist vielerorts unsicher. Dabei ist es so wichtig, dass Schulsozialarbeit auch an den Freien Schulen finanziert wird", forderte er.
Die Senatorin konnte die Bedeutung der Schulsozialarbeit nur bestätigen und gab einen Einblick in ihre aktuelle Arbeit: "Der Mehrwert von multiprofessionellen Teams muss genutzt werden - und das muss auch im Berliner Haushalt verankert sein, darum kämpfe ich gerade." Sie ergänzte noch: "Ich weiß, dass es einen großen Bedarf an Schulsozialarbeit gibt, ich habe selbst mal eine Brennpunkt-Schule in Gropiusstadt geleitet."
Lea Baschab und Lukas Miethke stellten das ehrenamtliche Engagement der Malteser Jugend an Berliner Schulen vor.Walter Wetzler
Wie die Malteser mit ihrer Jugendverbandsarbeit wichtige "Beiboote" zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern stellen - alles ehrenamtlich organisiert - zeigten Lukas Miethke und Lea Baschab in ihren Statements und mit einem Videobeitrag.
Jugendfreizeiteinrichtungen: Für manche junge Menschen wie Familie
Auch Jugendfreizeiteinrichtungen sind ein wichtiger Anker für Heranwachsende. "Manche Kinder und Jugendlichen, die schon lange zu uns kommen, sehen uns irgendwann als ihre Familie an", erklärte Johannes Falk vom Caritas-Jugendzentrum Steinhaus. "Die junge Generation braucht viel Orientierung. Diese Orientierung können wir geben", so Falk, "aber unsere Beziehungsarbeit braucht bessere Rahmenbedingungen. Bei uns sind definitiv zu wenig finanzielle Mittel angekommen." Zwar seien glücklicherweise Drittmittel zum Erhalt des Steinhauses bewilligt worden, aber auf lange Sicht ist die Finanzierung ein großes Problem.
Caritas-Vorständin Cornelia Piekarski bringt eine langjährige Erfahrung als Jugendhilfeexpertin mit.Walter Wetzler
"Hier geht für uns eine rote Alarmlampe an", warnte Caritas-Vorständin Cornelia Piekarski, die eine langjährige Erfahrung als Jugendhilfeexpertin mitbringt.
Senatorin Günther-Wünsch sprach sich daraufhin entschieden für den Erhalt und für die Wichtigkeit der Jugendfreizeiteinrichtungen aus. "Mahnen Sie, fordern Sie, aber lassen Sie uns gemeinsam den Weg gehen für die Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt", so Günther-Wünsch zum Abschluss.
Das Werkstattgespräch fand große Resonanz. Der fachliche und sozialpolitische Dialog zwischen der Senatorin und Vertreter:innen aus Fachwelt und Praxis war ein gelungenes Forum, um Positionen auszutauschen und über Bedarfe sowie Probleme in der Familien- und Jugendhilfe zu sprechen. Das Format der Werkstattgespräche trägt dazu bei, gegenseitiges Verständnis zu verstärken und Ansätze für gemeinsame Lösungsvorschläge zu entwerfen. Die Werkstattgespräche wurden 2017 vom Caritasverband für das Erzbistum Berlin ins Leben gerufen. Unter Einbeziehung des Publikums diskutieren dabei Verantwortliche der Caritas jeweils mit einer oder einem politisch Verantwortlichen aus den Ländern Berlin und Brandenburg über Herausforderungen für den Sozialstaat und gesellschaftlich relevante Themen im Kontext Soziales, Erziehung und Familie, Gesundheit, Stadtentwicklung und Finanzen.