Über die Herausforderungen in der Kälte- bzw. Wohnungsnotfallhilfe sowie über Ansätze zur Überwindung von Wohnungslosigkeit informierten heute Vertreter*innen der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin (LIGA Berlin) im Rahmen einer Pressekonferenz in der Fachstelle für Prävention von Wohnungslosigkeit im Rathaus Tempelhof.
Oliver Bürgel, Federführer der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin und Geschäftsführer des AWO Landesverbandes Berlin:
"Prävention heißt in der Wohnungsnotfallhilfe vor allem, den Verlust von Wohnraum zu verhindern. Dies funktioniert durch eine gute und koordinierte Zusammenarbeit von Vermieter*innen, Jobcentern bzw. Sozialämtern, Gerichten sowie den Fachstellen Soziale Wohnhilfe. Zuständigkeitsgrenzen müssen ein Stück weit aufgebrochen werden, um das Ziel einer echten ressortübergreifenden Zusammenarbeit zu erreichen. Das ist leider noch nicht immer der Fall und viel zu oft gelingt Prävention auch deshalb nicht. Dann zeigt sich, warum wir das gesamte System der Wohnungsnotfallhilfe und die Kältehilfe leider nach wie vor brauchen."
Dr. Ursula Schoen, Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz:
"Wir müssen unsere Bürgerinnen und Bürger effektiv mit allen Mitteln vor Wohnraumverlust schützen. Denn menschenwürdiges Wohnen ist ein Grundrecht. Außerdem kostet uns Wohnungsverlust finanziell und gesellschaftspolitisch Unsummen. Sozialberatungsstellen jetzt effektiv auszubauen spart also bares Geld. Aber auch seitens der Jugend-, Finanz- und Justizverwaltungen braucht es Mut zu nachhaltigen Präventivmaßnahmen. Insbesondere, wenn Kinder mitbetroffen sind."
Prof. Dr. Ulrike Kostka, Direktorin des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin
"Vorbeugen ist besser als heilen. Wo immer von Prävention die Rede ist, begegnet mir ein zustimmendes Nicken. Bei der Finanzierung von Prävention sieht es jedoch leider ganz anders aus. Persönliche Hilfen zur Überwindung von Wohnungslosigkeit werden von den Bezirken sogar eingeschränkt. Dabei können so Wohnungsverluste verhindert werden, damit Einzelne oder Familien erst gar nicht erst auf der Straße landen. Wer an der falschen Stelle spart, wird künftig ein Vielfaches aufwenden müssen, um die Folgen von Wohnungslosigkeit zu bezahlen."
Martin Hoyer, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin:
"Dass im Haushaltsentwurf 26/27 die Mittel für Maßnahmen aus dem Sicherheitsgipfel gestrichen wurden, ist ein fatales Signal. Damit fallen unverzichtbare Angebote weg: von der aufsuchenden Straßensozialarbeit bis hin zu einem Tagesangebot für drogenkonsumierende obdachlose Menschen. Das verschärft die Lage für obdachlose Menschen und in den Kiezen insgesamt. Kluge Sozialpolitik geht anders. Wir fordern, Ressourcen gezielt an sozialen Brennpunkten zu stärken, statt abzubauen."
Hintergrund
Wohnungslosigkeit in Berlin
Laut offiziellen Angaben der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung lebten am 31. Januar 2025 in Berlin 53.610 untergebrachte wohnungslose Menschen (Wohnheime, Trägerwohnungen, Notübernachtungen und weitere Angebote der Wohnungsnotfallhilfe). Darunter sind 14.375 Menschen, die bereits zwei Jahre oder länger untergebracht sind. Bei 20.335 Untergebrachten handelt es sich um Ein-Personen-Haushalten. 15.710 der Untergebrachten sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
Zusätzlich weisen die letzten Schätzungen aus dem Februar 2024 aus, dass 2.364 Menschen verdeckt wohnungslos sind und vorübergehend bei Angehörigen, Freund*innen unterkommen. 6.032 Menschen leben gänzlich ohne Unterkunft, sprich auf der Straße oder in Behelfsunterkünften.
Nach der Bedarfsprognose der Senatsverwaltung vom 21. Mai 2024 wird das Unterbringungssystem in Berlin im Jahr 2028 rund 100.800 Plätze benötigen.
Kältehilfe in Berlin
Die Berliner Kältehilfesaison beginnt in der Regel am 1. Oktober und läuft bis zum 30. April des Folgejahres, wobei in besonders kalten Wintermonaten zusätzliche Plätze und niedrigschwellige Angebote bereitgestellt werden. In der letzten Saison 2024/25 standen im Durchschnitt 1.071 Plätze zur Verfügung und es gab durchschnittlich 952 Übernachtungen, dies entspricht einer durchschnittlichen Auslastung von 88,9%
LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege
In der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege haben sich in Berlin der Arbei-terwohlfahrt (AWO) Landesverband Berlin (Federführung 2025/2026), die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, der Caritasverband für das Erzbistum Berlin, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin, der DRK Landesverband Berliner Rotes Kreuz sowie die Jüdische Gemeinde zu Berlin zusammengeschlossen. In den sozialen Einrichtungen, Diensten und Projekten der LIGA sind in Berlin rund 107.000 hauptamtliche und etwa 53.000 ehrenamtliche Mitarbeitende tätig. Rund 150.000 Menschen sind zusätzlich persönliche Mitglieder in den Verbänden der LIGA Berlin, die wiederum ca. 1.200 Initiativen und Träger vertreten.