POTSDAM. Kaum ein Tag vergeht ohne Berichte in den Medien über gewalttätige Übergriffe von Jugendlichen. Und die Brutalität nimmt nach Einschätzung der Caritas stetig zu – auch in Brandenburg. Das Projekt BOXENSTOPP - Anti-Gewalttraining des Caritasverbandes für Brandenburg e. V. wirkt dort, wo Eltern, Pädagogen, Sozialarbeiter und Justizvollzugsbeamte die jungen Gewalttäter nicht mehr erreichen. Die konfrontative Pädagogik von BOXENSTOPP mit dem erlebnisorientierten Ansatz "Kartracing" richtet sich vorrangig an diese gewaltbereiten Jugendlichen.
Ein sehr erfreuliches Ergebnis konnte das Projekt als Zwischenbilanz seiner Arbeit vorlegen. Die Trainings verringerten nachweislich die Aggressivität bei Jugendlichen und erhöhte ihre Aggressionshemmungen. "Dieses Resultat deckt sich in weiten Teilen mit den Ergebnissen einer Studie, bei der mittels eines testpsychologischen Verfahrens 125 Teilnehmer von Anti-Aggressivitäts-Trainingskursen zu Beginn und am Ende des Kurses befragt wurden", so Dr. Stefan Schanzenbächer, der Leiter des Projektes und Autor dieser Untersuchung. Bei Testpersonen, die an einem Anti-Aggressions-Training nicht teilgenommen hatten, konnten diese Tendenzen nicht festgestellt werden.
Im Anti-Aggressivitäts- und Coolness-Training hat der Jugendliche - so Schanzenbächer vor der Presse - harte Arbeit an sich selbst zu leisten: Er wird hier direkt mit seiner Tat konfrontiert. Es soll ihm bewusst werden, dass er ein Täter ist und er Opfer erzeugt. Damit muss er sich u. a. auf dem so genannten "heißen Stuhl" auseinandersetzen. Ein weiterer Schritt für ihn wird sein, seinem Opfer gegenüber zu treten und das Geschehene zu reflektieren. Zusätzliche Provokationsübungen sollen seine Frustrationstoleranz steigern. Alle Trainings haben das Ziel, dass die Jugendlichen Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und damit "gesellschaftsfähig" werden.
Zur "Belohnung" fasziniert BOXENSTOPP die Jugendlichen mit attraktivem Motorsport: Kartracing fördert nicht nur das Selbstbewusstsein und die Ausdauer der beteiligten Jugendlichen, es weckt auch ihre Eigeninitiative und Kreativität. Und die dazugehörende Reparatur und Wartung der Karts stärkt ihr Verantwortungsbewusstsein und das Teamgefühl – alles notwendige Voraussetzungen, damit sie zukünftig ihr Leben besser meistern können.
Es ist geplant, ein Kompetenzzentrum einzurichten, in dem BOXENSTOPP ein Langzeit-Training für delinquente Jugendliche als Alternative zum Jugendstrafvollzug anbietet. Die Gewalttäter leben dort ein Jahr strikt nach den zuvor genannten Trainingsmethoden. Zusätzlich werden sie hier intensiv auf eine Berufsausbildung vorbereitet.
Bei BOXENSTOPP arbeitet derzeit ein Team mit drei Fachkräften: Eine Diplom-Psychologin und ein Diplom-Sozialpädagoge, der zugleich zertifizierter Anti-Aggressivitäts-Trainer ist. Der Projektleiter ist Diplompädagoge, Diplomtheologe und ebenfalls Anti-Aggressivitäts-Trainer.
Damit der Erfolg nachhaltig bei den ehemalig gewalttätigen Jugendlichen gesichert wird, entwickelt BOXENSTOPP ein Verbundnetz zur Nachbetreuung und Integration. Als wesentliche Anstrengungen gelten dabei arbeitsmarktbezogene Maßnahmen zur beruflichen Integration der Delinquenten, beispielsweise die Vorbereitung auf eine Berufsausbildung.
Das mobile Team von BOXENSTOPP fährt aber auch zu Jugendclubs und Schulen, um dort mit Kurzzeit-Training und Motor-Go-Karts der Gewalt vorzubeugen und zur Bewältigung von Konflikten beizutragen. "Wir bieten diesen Jugendlichen die Konfrontation, die sie suchen" verspricht Dr. Stefan Schanzenbächer, Projektleiter und ausgebildeter Anti-Aggressivitäts-Trainer, der bereits erfolgreich mit Jugendlichen trainiert hat.
Nicht an allen Brandenburger Brennpunkten wird das BOXENSTOPP - Team präsent sein können, es bietet deshalb Pädagogen, Sozialarbeitern und Justizvollzugsbeamten an, ab sofort das Anti-Aggressivitäts-Training in Workshops vor Ort zu erlernen.
Nach einer Planungsphase von August 2001 bis Oktober 2002 wird Boxenstopp seit November 2002 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds mit dem Programm "XENOS – Leben und arbeiten in Vielfalt" und der Landesregierung des Landes Brandenburg finanziert. Der Gesamtbetrag der Förderung des bis Oktober 2004 befristeten Projektes beläuft sich auf 667.000 Euro. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, das Ministerium des Innern und das Ministerium für Justiz und Europaangelegenheiten fördern BOXENSTOPP – ANTI-GEWALTTRAINING FÜR JUGENDLICHE des Caritasverbandes für Brandenburg e.V. mit ihren Initiativen "Tolerantes Brandenburg" und dem Landespräventionsrat Brandenburg "Offensiv für Sicherheit".
Weitere Informationen: Dr. Stefan Schanzenbächer, Projektleiter BOXENSTOPP, Caritasverband für Brandenburg e.V., Tel. 0700 – Boxenstopp (-2693678677),
www.boxenstopp.org