Berlin - am 11.09.2022 ist der Tag der Wohnungslosen. Nach Schätzung von Fachleuten leben in Berlin ca. 4.000 bis 6.000 Menschen dauerhaft auf der Straße. Die allermeisten werden nicht durch die Regelangebote der medizinischen Versorgung erfasst. Deshalb entstand in Berlin ein Hilfenetz für Obdachlose, die weder eine Krankenversicherung haben noch in das medizinische Regelsystem integrierbar sind. Allein 2021 wurden mehr als 6.000 Personen in den Obdachlosenpraxen und medizinischen Hilfsprojekten freier Träger versorgt. 27.619 Behandlungen wurden hier im vergangenen Jahr durchgeführt. 80 Prozent der behandelten Personen hatten keine Krankenversicherung.
Der Runde Tisch zur medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung obdachloser Menschen in Berlin fordert den Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Krankenversicherungsstatus. "Das Menschenrecht auf Zugang zu qualitativ guter medizinischer Versorgung muss auch für wohnungslose Menschen umgesetzt werden", so Kai-Gerrit Venske vom Runden Tisch. Dafür ist eine Basis-Finanzierung der medizinischen Versorgungsangebote im niederschwelligen Bereich notwendig, erklärt Ekkehard Hayner vom Runden Tisch. Zurzeit wird nur ein Teil der medizinischen Hilfsprojekte vom Senat gefördert. Viele sind von Spenden abhängig und können nur durch das ehrenamtliche Engagement von Ärzt*innen aufrechterhalten werden. Diese Einrichtungen kämpfen selbst ums Überleben, sagt Hayner.
Seit 2014 gibt es den Runden Tisch zur medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung obdachloser Menschen in Berlin. Er erfasst seitdem die jährlichen Behandlungszahlen seiner Mitgliedseinrichtungen. Diese Zahlen zeigen einen beständig hohen Bedarf an medizinischen Behandlungen für obdachlose Menschen. Ziel des Runden Tisches ist es, Erfahrungen auszutauschen und sich für bedarfsgerechte Strukturen in der Hauptstadt einzusetzen. Der Runde Tisch hat ein Konzept für eine menschenwürdige Basisversorgung von obdachlosen Menschen, unabhängig von ihrem Aufenthalts- und Versicherungsstatus, entwickelt. "Der erste Schritt ist die regelmäßige Erfassung der Gesundheitssituation obdachloser Menschen durch das Land Berlin, um die allernotwendigsten Bedarfe zu erkennen. Das ist längst überfällig", so Hayner. Der Runde Tisch unterstützt die Kampagne "WOHNUNG-LOS" der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslos (BAG W), die u.a. den niedrigschwelligen Zugang zur medizinischen Versorgung für alle wohnungslosen Menschen fordert. Der Runde Tisch fordert aktuell zudem die sofortige Bereitstellung von Quarantäneplätzen für positiv getestete bzw. an Corona erkrankte obdachlose Menschen. Es ist ein unsäglicher Zustand, wenn Hilfeeinrichtungen wie die Notübernachtungen gezwungen sind, Menschen in einer solchen Situation ohne Alternativangebote auf die Straße entlassen zu müssen
Weitere Informationen: Ekkehard Hayner (0163 48 09 821) und Kai-Gerrit Venske (0163 56 96 840)
Zahlen und Fakten: www.obdachlosigkeit-macht-krank.de
Mitglieder des Runden Tisches sind:
Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. (Arztmobil, Caritas-Ambulanz für Wohnungslose, Krankenwohnung); Praxis am Stralauer Platz der GEBEWO pro; Obdachlosenpraxis und Tagestreff Weitlingstraße des HVD; Malteser Hilfsdienst e. V. - Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung; Ambulanz der Berliner Stadtmission (Ambulanz, Pflegezimmer, Straßenambulanz, Clearingstelle Krankenversicherung); Johanniter-Unfall-Hilfe e. V., Regionalverband Berlin Kälteambulanz; Fixpunkt e. V., basismedizinische Angebote für Menschen mit Drogen- und Suchtproblemen; Jenny De la Torre Stiftung; Open.med Berlin/Medizin Hilft e. V.