BERLIN. In den drei Berliner Babyklappen wurden seit Eröffnung im Herbst 2000 bis Ende November 2002 insgesamt zwölf Kinder abgegeben. Eines dieser Kinder wurde bereits tot in die Babyklappe gelegt. Alle anderen Kinder sind wohlauf und wurden durch die staatlich anerkannten Adoptions- und Pflegekindervermittlungsdienste und durch das Jugendamt in geeignete Familien vermittelt. Fazit des ersten Fachgespräches aller Beteiligten des Verbundprojektes Babyklappe von Caritas und Diakonie in Berlin am 3. Dezember: Die Erfahrung hat gezeigt, dass die beteiligten Krankenhäuser, das umfängliche Netzwerk beider kirchlicher Wohlfahrtsverbände und die Kirchliche Telefonseelsorge in diesem Zeitraum durch Beratung und durch die Babyklappen als letzter Rettungsmöglichkeit haben Leben retten können. Sie haben zumeist jungen Frauen in verzweifelter, fast psychotischer Situation helfen können. Insbesondere die Seelsorgerin des Krankenhauses Waldfriede, Pastorin Gabriele Stangl, hat darauf hingewiesen, wie wichtig es für die Frauen war, mit denen sie in Kontakt kam, zu erfahren, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenhäuser in ihnen keineswegs eine "verabscheuungswürdige Bestie" sieht sondern einen Menschen in unvorstellbarer Grenzsituation, der allein gelassen seiner Verantwortung nicht mehr nachkommen kann. Das Verbundprojekt Babyklappe hat in seiner gestrigen Sitzung ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass diese "not-wendige" Aufgabe unter allen Umständen fortgesetzt werden soll. Das Verbundprojekt ist sich all der Fragen und Unsicherheiten bewusst, die mit diesem Dienst verbunden sind. Es bittet daher alle gesellschaftlichen Gruppierungen, zusammen mit dem Verbundprojekt darüber nachzudenken, wie dieser Dienst für alle Beteiligten optimaler und rechtlich gesicherter in Zukunft geleistet werden kann. Dazu gehört auch die rechtliche Absicherung der anonymen Geburt. Die Verantwortlichen des Projektes stimmen darin überein, dass es das Beste wäre, die Babyklappen blieben leer und Berlin bräuchte keine ausgesetzten oder gar toten Kinder zu beklagen. Dass es immer wieder zu Grenzsituationen kommt, solange es Menschen gibt, daran zweifelt keiner. Aber die Gesellschaft muss in der Lage sein, das Beratungs- und Hilfsangebot so auszubauen, dass geholfen werden kann, bevor es zur Katastrophe kommt.
Am Verbundprojekt beteiligt sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Krankenhäuser Waldfriede, Neukölln, das St. Joseph-Krankenhaus, Berlin-Tempelhof, und seit 1. Dezember das Waldkrankenhaus in Berlin-Spandau.
Ursula Künning, die Projekt-Koordinatorin erklärt: "Im Zusammenhang mit der Babyklappe besteht ein Interessenkonflikt zwischen Mutter und Kind, der sehr schwer auszuhalten ist. Tatsächlich tragen Menschen die nichts über ihre Herkunft wissen, eine schwere Last. Ich gehe aber davon aus, dass liebevolle Adoptiveltern einem Kind helfen werden einen solchen Lebensanfang in sein Leben und in seine Zukunft zu integrieren. Wir tragen alle etwas Schweres mit uns herum; doch ein erwünschtes Kind in einer Adoptivfamilie wird ein wesentlich geringeres Risiko eines schweren Kindheitstraumas haben, als ein in seiner Herkunftsfamilie lebendes unerwünschtes Kind.
Ein Kind aus der Babyklappe ist nicht "entpersonalisiert" oder "ohne Identität". Auch dieses Kind hat seine eigene unverwechselbare Persönlichkeit, die es mit liebevoller Begleitung weiter entwickeln wird.
Es gibt Mütter, die Ihr Kind nicht behalten wollen, aber nicht bereit sind, sich an eine Adoptionsvermittlung oder an eine andere Beratungsstelle zu wenden. Der immer wieder vorgebrachte Einwand, Frauen, die sich auf den Weg zur Babyklappe machen, würden ohne das Angebot der Babyklappe eher den Weg zur Adoptionsvermittlung gehen, entspricht nicht der Lebenswirklichkeit von Menschen, die kein Vertrauen in Beratungsstellen setzen.
Armut und Ausbeutung, Gewalt und Isolation sind in unserer reichen Gesellschaft unübersehbar. So kann es dazu kommen, dass Frauen durch die Geburt eines Kindes in Panik und in eine scheinbar aussichtslose Situation geraten. Hier davon auszugehen, dass einer Frau in diesem Moment nicht zu helfen sei und ihr nichts anzubieten widerspricht dem Auftrag professioneller Sozialarbeit.
Die Babyklappe ist ein extremes Angebot für extreme Situationen und stellt eine Alternative dar zum toten Kind in der Mülltonne oder in der Kanalisation oder zur lebensgefährlichen Aussetzung auf der Straße. Nur darum geht es und nicht um eine Konkurrenz zur gut vorbereiteten und offenen Adoption, die in jedem Fall vorzuziehen wäre, aber leider nicht immer allen Betroffenen gerecht wird.
Caritas und Diakonie bieten Beratung, Unterstützung und Notunterkünfte für Schwangere und für Frauen mit neugeborenen Kindern an. In den Babyklappen befinden sich mehrsprachige Briefe mit weitergehenden Hilfsangeboten und Bitten an die Mutter sich zu melden.
Das Kind aus der Babyklappe wird, sobald es keine medizinische Betreuung mehr braucht durch das Jugendamt und durch eine staatlich anerkannte Adoptionsvermittlungsstelle in eine Pflegefamilie weitervermittelt. Alle Kinder, die uns auf diese Weise anvertraut werden, werden respektvoll und sorgfältig betreut. Dies gilt für alle Kinder und selbstverständlich in besonders hohem Maße auch für kranke und behinderte Kinder.
Darauf Einfluss zu nehmen, dass für Frauen und Kinder im Zusammenhang mit der Babyklappe und der anonymen Geburt Rechtssicherheit geschaffen wird, sollte ein gemeinsames Anliegen aller Fachbereiche sein."
Weitere Informationen: Ursula Künning, (01 77) 6 82 14 26
Informationen zum Verbundprojekt Babyklappe von Caritas und Diakonie in Berlin
Am 1. Dezember 2002 wurde im Evangelischen Waldkrankenhaus Spandau die vierte Babyklappe in Berlin eröffnet. Das Verbundprojekt Babyklappe von Caritas und Diakonie in Berlin arbeitet verantwortlich mit den kirchlichen Krankenhäusern zusammen und unterstützt das Angebot der Babyklappen der Krankenhäuser mit Öffentlichkeitsarbeit und mit Beratungsangeboten für Mütter in schweren Krisensituationen .
In den Berliner Babyklappen wurden seit der Eröffnung der ersten Babyklappe im Herbst 2000 bis Ende November 2002 insgesamt zwölf Kinder abgegeben. Eines dieser Kinder wurde bereits tot in die Babyklappe gelegt. Alle anderen Kinder sind wohlauf und wurden durch die staatlich anerkannten Adoptions- und Pflegekindervermittlungsdienste und durch das Jugendamt in geeignete Familien vermittelt.
Die Einrichtung und Betreuung von Babyklappen ist für die beiden Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege Caritasverband für Berlin e.V. und Diakonisches Werk Berlin –Brandenburg sowie dem Diozösan-Caritasverband ein weiterer Baustein in der sozialen Versorgung von Frauen und Kindern in Not. Durch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit wollen wir die vorhandenen Beratungsangebote noch bekannter für Frauen in Not machen, damit Kindesaussetzung oder gar Kindestötung in hoffentlich vielen Fällen nicht mehr als ein Ausweg gesehen wird.
Um dieses Ziel zu erreichen wurde vor der Plakataktion, welche die Babyklappen den Frauen bekannt machen soll, vom Verbundprojekt Babyklappe eine umfangreiche Vorarbeit geleistet, die eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit schon bestehenden Einrichtungen für Frauen und Kinder in Not zur Folge hatte.
Dies bedeutet, dass auch Frauen im Moment der akuten Krisensituation geholfen werden kann. Wir arbeiten mit Einrichtungen zusammen, die eine schwangere oder eine Frau mit neugeborenem Kind sofort aufnehmen. Die Möglichkeit, für eine begrenzte Zeit mit dem Neugeborenen kostenlos und evtl. anonym unterzukommen und betreut zu werden, kann der Mutter den Freiraum geben, ihre Situation in Ruhe zu überdenken. Der Kontakt zur Babyklappe, bzw. die Standortabfrage erfolgt über die kirchliche Telefonseelsorge. (Tel. 0800 111 0222) Zusammen mit der neugegründeten Helpline, die sich speziell an die nicht deutschsprachige Bevölkerung richtet, ist es möglich den Erstkontakt zu Müttern auch ausländischer Herkunft herzustellen.
Über die Telefonseelsorge erhalten die Frauen Mitteilungen über die Standorte der Babyklappen, und auf Wunsch werden sie über Hilfsangebote beraten. Schwangere werden auch über die Möglichkeit der anonymen Beratung in den Schwangerschaftsberatungsstellen informiert.
Um mehr Hinweise dazu zu bekommen, weshalb sich Frauen gezwungen sehen, ihr Kind auszusetzen, wird das Projekt Babyklappe in Zusammenarbeit mit der kirchlichen Telefonseelsorge die anonymisierten Anfragen zur Babyklappe dokumentieren und auswerten. Wir hoffen, über diese Erkenntnisse Frauen in schweren Konfliktsituationen einen verbesserten Zugang zu den bestehenden Hilfs- und Beratungsangeboten zu ermöglichen.
Eine Frau, die ihr Kind in einer Babyklappe abgegeben hat, wird auch danach nicht allein gelassen. Sie kann sich an das Projekt Babyklappe wenden und sich nach dem Wohlergehen des Kindes erkundigen. Sollte sie das Kind zurücknehmen wollen, wird sie darin unterstützt einen neuen gemeinsamen Weg für sich und das Kind zu finden.
Die kirchlichen Schwangerschaftsberatungsstellen unterstützen das Projekt Babyklappe unter anderem durch das Angebot einer psychologischen Betreuung von Frauen, die ihr Kind in einer Babyklappe abgegeben haben.
Der Zusammenschluss vom Caritasverband für Berlin e.V. und dem Diakonischen Werk Berlin Brandenburg e.V. bietet in Zusammenarbeit mit den zuständigen Krankenhäusern die Gewähr für eine gute Betreuung der abgegebenen Kinder und die Möglichkeit zur Bewältigung eine schweren Konfliktsituation für die betroffenen Frauen.
Für die Weiterführung des Projektes sind wir dringend auf Spenden angewiesen.
Caritasverband für Berlin e.V.
Commerzbank Berlin, BLZ 100 400 00
Kontonummer: 20 6000 200
Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg e.V.
Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 100 205 00
Kontonummer: 19 00
Was ist eine Babyklappe?
Die Babyklappe ist ein Platz, an dem Mütter in extrem schweren Konfliktsituationen ihr neugeborenes Kind in sichere Obhut geben können.
Die Abgabe des Kindes findet ohne Zeugen und ohne Strafe statt.
Die Mutter öffnet eine Klappe, hinter der sich ein Wärmebettchen befindet. Sie öffnet die Klappe, legt das Kind in das Wärmebettchen, schließt die Klappe und verlässt den Ort.
Nach wenigen Augenblicken wird automatisch ein Alarm ausgelöst, das Kind wird von einer Person des medizinischen Krankenhauspersonals aus dem Bettchen genommen und sofort betreut.
Die Babyklappen sind das ganze Jahr Tag und Nacht geöffnet.
Das Kind wird nach einer ärztlichen Untersuchung in eine liebevolle Pflege- oder Adoptionsfamilie vermittelt.
Standorte der Babyklappen in Berlin
Babywiege im Krankenhaus Waldfriede
Argentinische Allee 40, 14163 Berlin Zehlendorf
U-Bahnhof Krumme Lanke
Telefon: 030 / 81 810-0
Infotelefon zur Babyklappe: 030 / 81 81 03 35
Die Babyklappe befindet sich an Haus A (Den Hinweisschildern Babywiege folgen.)
Babyklappe im St.Joseph-Krankenhaus
Kinderklinik Gontermannstr.41, 12101 Berlin Tempelhof
Telefon: 030 / 7 882-0
Hotline zur Babyklappe: 030 / 78 82 20 50
Die Babyklappe befindet sich an der linken Hausseite der Kinderklinik an der Gontermannstraße 41. Dort führt ein überdachter Weg (Pergola) direkt zur Babyklappe.
Babyklappe am Krankenhaus Neukölln
Rudower Str. 48, 12351 Berlin Neukölln
Telefon: 030 / 6004-0
Die Babyklappe ist an einer Außenwand des Krankenhauses am Mariendorfer Weg untergebracht, an einem Stichweg zu einem Eingang auf das Krankenhausgelände hin. Günstig ist es von der Bushaltestelle "Städtisches Krankenhaus" der Linie 177 den Hinweisen Babyklappe zu folgen.
Babynest am Waldkrankenhaus Spandau
Stadtrandstraße 555, 13589 Berlin
Tel.: 030 / 3702 0
Das Krankenhaus ist erreichbar mit den Buslinien 130 und 237. Die Haltestelle heißt Waldkrankenhaus Spandau. Man folge den Hinweisschildern "Babynest" über den kleinen Parkplatz. Die Babyklappe ist an der Rückseite des Pförtnerhäuschens angebracht