Pressemitteilung des Diözesan-Caritasverbandes Berlin |
Eine Ära geht zu Ende |
BERLIN. Die Unterkirche der St-Hedwigs-Kathedrale fasste die Gottesdienstbesucher nur mit Mühe. So viele waren gekommen, um Renate Funke "Lebe wohl" zu sagen, die über dreißig Jahre Dienst in der Caritas getan hat und für viele eine der Ihren war. Gepredigt wurde, viele Reden wurden gehalten, eine besonders bemerkenswerte von Professorin Brigitte Schmeja, weil in ihr – vor allem dem ehemals Westberliner – deutlich wurde: Mit dem Ausscheiden von Renate Funke aus den aktiven Diensten der Caritas ging über zehn Jahre nach "der Wende", nach "der so genannten Wende", nach "dem gesellschaftlichen Umbruch", wie die Vereinigung der beiden deutschen Staaten interessanterweise auf einer einzigen Veranstaltung von verschiedenen Menschen genannt wurde, eine Ära zu Ende. "Wer seine Geschichte verleugnet, verliert seine Identität!", sagte Brigitte Schmeja. Und Renate Funke repräsentierte für viele Caritas und Kirche bis 1989. Ihr Stenogramm der Tätigkeiten in über drei Jahrzehnten endet: "... und vieles andere dann kam die "W e n d e" ......... Abteilungsleiterin Gesundheit und Soziales". Renate Funkes Revue ihrer Tätigkeiten beginnt mit dem 1. Oktober 1968, mit dem Anerkennungsjahr im St. Antonius-Krankenhaus in Berlin-Friedrichshagen, mit der Mitarbeit in der Krankenpflegeausbildung und im Internat und setzt sich mit vielen weiteren kurzen Stichworten fort, hinter denen sich allerdings Welten verbergen, eines Menschen Leben für das Leben so vieler anderer, Erfahrungen, Sorgen, Angst, Freude, Leid, Kampf, aber auch Gemeinschaft, "Direktor Janiszewski" (Schmunzeln bei vielen) nannte es "Atmosphäre", die sie geschaffen hat, eine Gemeinschaft eben, wie sie "Wessis" vielleicht nie erlebt haben. Ein Bruch in der Erfahrung von Leben, der rein theoretisch nur schwer aufzuarbeiten oder nachzuvollziehen ist. Die Stichworte aus ihrer beruflichen Vita lesen sich weiter so: Ab 1.10.1969 Internatsleitung und Mitarbeit in der Ausbildung im St. Antonius-Krankenhaus, dann Krankenhausfürsorge im staatlichen Klinikum Buch – von Brigitte Schmeja in ihrem Vortrag akzentuiert als unglaublicher Vorgang im sozialistischen System! – Arbeitsplatz in der Pfarrei Mater Dolorosa Berlin-Buch, Aspiranturleiterin im St. Otto-Heim in Zinnowitz an der Ostsee, vom 1.9.1978 an Mitarbeit und Einarbeitungszeit in der Zentrale, in der Gürtelstraße in Berlin-Weißensee. Und "ab 1.1.1979", so schreibt sie als Gedächtnisstütze für die vielen Rednerinnen und Redner des Abends: Berufung von Kardinal Bengsch zur Diözesanfürsorgerin (April 1992 letzte Konferenz der Diözesanfürsorger und Jugendleiterinnen), Beauftragte des Bistums für kirchliche Ausbildung, besonders Krankenpflegeausbildung, Fachaufsicht über sieben Praktikanturen, Dienst- und Fachaufsicht in den Kinderheimen Bad Saarow und Schwedt, Unterbringung (Heimeinweisungen) von Kindern auch in Behindertenheime, Sorge um Mitarbeiter, fachliche Begleitung der Einrichtungen, Heime, Bahnhofsmission ..., Einzelfallhilfe (Beschaffungen), Bearbeitungen von Suchdienstanfragen "und vieles andere dann kam die "W e n d e" ..... Abteilungsleiterin Gesundheit und Soziales". Brigitte Schmeja gibt den Pünktchen Worte: "Alle bis dahin sinnvoll entwickelten Strukturen wurden in Frage gestellt, wenig schien in dem neuen gesellschaftlichen System für uns noch zu stimmen ... Ein sicher für viele Mitarbeiter schmerzlicher Prozess begann." Einer der vielen Höhepunkte dieses Abends war dann auch die Auszeichnung mit der Caritasehrennadel in Gold. Beifall unterbrach Diözesan-Caritasdirektor Fischler, als er den Orden in seiner Rede ankündigte, und Beifall brandete noch einmal auf, als er Renate Funke die Ehrennadel ansteckte. Für sie sicher Dank und Bestätigung ihres jahrzehntelangen Engagements, sicher aber auch Dank und Bestätigung all den ungenannten Caritas-Mitarbeiterinnen und – Mitarbeitern, die in der Hitze des Tages die Last der Arbeit getragen haben und heute weiter tun, damit Menschen etwas von dem erfahren, was Jesus von Nazareth über die un-bedingte Liebe Gottes zu den Menschen sprach und damit die Welt veränderte. Begleitet wurde die Auszeichnung mit der Caritas-Ehrennadel von einem sehr herzlichen und persönlich gehaltenen Brief des Präsidenten des Deutschen Caritasverbandes, Prälat Hellmut Puschmann, der Renate Funke und die Arbeit der Caritas in der DDR selber aus eigenem Erleben zutiefst kennt. Dieser Brief war eine weitere Auszeichnung. Er tat mit einigen markanten Sätzen einen Blick in die Zukunft, gerichtet zur Stärkung seiner ehemaligen Kolleginnen und Kollegen aus dem Osten, wenn er Renate Funke schreibt: "Begleiten Sie in Gedanken und im Gebet das Wirken der Nachfolgenden, die sicher eine Menge anders machen müssen, weil die Herausforderungen immer größer werden, die handelnden Personen anders sind und sich damit auch manches anders darstellt. Ich wünsche Ihnen jedoch, dass die richtigen und zukunftsträchtigen Ansätze weitergeführt werden und Sie bei allem Loslassen die Veränderungen innerlich akzeptieren können." Joachim Mordeja |
Pressemitteilung
Eine Ära geht zu Ende
Erschienen am:
14.07.2000
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