Seit 2014 trägt der Runde Tisch die jährlichen Behandlungszahlen seiner Mitgliedseinrichtungen zusammen. Diese Zahlen zeigen einen hohen Anstieg von medizinischen Behandlungen für obdachlose Menschen, die außerhalb des Regelsystems stattfinden: 2017 fanden 33.874 solcher Behandlungen statt. Das bedeutet einen Zuwachs von über 25 Prozent gegenüber dem Jahr 2016. Die Zahl der Patienten stieg im gleichen Zeitraum sogar um über 30 Prozent auf 8.689 Personen. Die aktuellen Zahlen können auf der Website www.obdachlosigkeit-macht-krank.de eingesehen werden.
Fachleute gehen heute von schätzungsweise 4.000 bis 10.000 Obdachlosen in Berlin aus. Die meisten obdachlosen Menschen in Berlin werden durch die Regelangebote der medizinischen Versorgung nicht erfasst. In Berlin entstand deshalb in der Vergangenheit ein Hilfenetz für Obdachlose, die keine Krankenversicherung haben oder nicht wartezimmerfähig sind. Einige dieser Projekte werden durch den Senat gefördert. Allerdings stehen die geförderten Hilfeprojekte EU-Migranten nicht offen, da ein Europäisches Fürsorgeabkommen (EFA) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und zahlreichen osteuropäischen Ländern fehlt und es Dissens mit den Senatsverwaltungen Gesundheit und Soziales sowie den Krankenkassen bezüglich der Finanzierung der Hilfeleistungen gibt. Aufgrund des hohen Anteils an nichtdeutschen Obdachlosen können daher viele Behandlungen nur in spendenfinanzierten Projekten stattfinden. Die derzeitigen Angebote entsprechen nicht dem Bedarf und können überwiegend nur notdürftig mit Hilfe von ehrenamtlichen Ärzten aufrechterhalten werden. Deshalb haben sich alle Einrichtungen, die in der medizinischen Versorgung obdachloser Menschen in Berlin tätig sind, bereits 2014 zu einem Runden Tisch zusammengeschlossen. Sie fordern ein neues Finanzierungssystem, das tragfähige Strukturen ermöglicht und dem Bedarf gerecht wird. Der Runde Tisch fordert, dass für alle hilfesuchenden obdachlosen Menschen in Berlin, unabhängig von ihrem Aufenthalts- und Versicherungsstatus, eine menschenwürdige medizinische Basisversorgung zugänglich ist und Wege in die Regelversorgung geöffnet werden. Ein wichtiger erster Schritt wäre die regelmäßige Erfassung der Gesundheitssituation obdachloser Menschen durch das Land Berlin, um die notwendigsten Bedarfe erkennen zu können.
Weitere Informationen: Kai-Gerrit Venske (0163 56 96 840) und Ekkehard Hayner (0163 48 09 821)
Mitglieder des Runden Tisches sind:
Caritas-Arztmobil und Caritas-Ambulanz für Wohnungslose; Praxis am Stralauer Platz der GEBEWO pro; Obdachlosenpraxis und Tagestreff Weitlingstraße des HVD; Malteser Hilfsdienst e. V. - Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung; Ambulanz der Berliner Stadtmission (Ambulanz, Pflegezimmer, Straßenambulanz); Johanniter-Unfall-Hilfe e. V., Regionalverband Berlin Kälteambulanz; Medibüro. Netzwerk für das Recht auf Gesundheitsversorgung aller Migrant*innen; Fixpunkt e. V., basismedizinische Angebote für Menschen mit Drogen- und Suchtproblemen; Jenny De la Torre Stiftung; Open.med Berlin/Eine Kooperation von Medizin Hilft e. V. und Ärzte der Welt e. V.