Die Freien Wohlfahrtsverbände AWO, Caritas, Diakonie, Paritätischer Berlin, Jüdische Gemeinde und der DGB haben heute unter dem Motto "Wichtiger als Du denkst - Freie Träger am Limit" mit zahlreichen Mitgliedseinrichtungen und -projekten vorm Roten Rathaus und Abgeordnetenhaus klargemacht: Wenn der Senat die Freien Träger nicht besser finanziert, können zahlreiche Angebote nicht aufrecht erhalten werden. Mit dramatischen Folgen für das Land Berlin.
Andrea U. Asch, LIGA-Federführung und Diakonie-Vorständin: "Nach einer aktuellen Umfrage mussten bundesweit bereits 40 Prozent der sozialen Organisationen in freier Trägerschaft Angebote und Leistungen aus finanziellen Gründen einschränken oder ganz einstellen. Bis zu 65 Prozent rechnen mit weiteren finanziellen Einbußen*. In dieser Situation denkt der Senat nicht daran, die immens gestiegenen Sach- und Personalkosten der Freien Träger auszugleichen. In der Hauptstadt stellen sie in den verschiedenen Arbeitsfeldern von Krankenhaus bis Beratungsstelle einen Großteil der sozialen Angebote sicher. Es sollte jedem klar sein: Wenn das Land jetzt nicht entschlossen gegensteuert, wird für viele Menschen in Berlin dringend notwendige Hilfe, Beratung und Unterstützung wegfallen. Eine kluge Sozialpolitik stopft nicht notdürftig Löcher, sondern investiert mit wirtschaftlichem Weitblick. Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf."
Oliver Bürgel, Geschäftsführer Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin: "Die Krisen der letzten Jahre haben eines gezeigt: Die sozialen Verbände werden dringend gebraucht - und zwar mehr denn je. Wir als Wohlfahrtsverbände sind verlässliche Partner der Menschen vor Ort, auf uns und unsere Angebote in Berlin ist Verlass! Allerdings sind die bestehende Ungleichbehandlung von freien und öffentlichen sozialen Trägern sowie die faktischen Kürzungen durch unzureichende Finanzierung von Sach- und Personalkosten schon jetzt in Berlin deutlich spürbar. Ohne eine verlässliche, dauerhafte und auskömmliche Finanzierung müssen soziale Leistungen eingeschränkt oder ganz eingestellt werden. Der Berliner Senat ist aufgefordert dringend gegenzusteuern. Wir gehen auf die Straße, um dieser Forderung Gewicht zu verleihen: Freie Träger verdienen den gleichen Respekt und die gleiche Bezahlung und Ausfinanzierung ihrer Dienste wie der öffentliche Dienst."
Prof. Dr. Ulrike Kostka, Vorstandsvorsitzende Caritasverband für das Erzbistum Berlin: "Die freien Träger leisten mit ihrer Arbeit einen großen Beitrag für das Gemeinwohl in Berlin. Ohne ihre Arbeit würde Berlin nicht funktionieren. Die Mitarbeitenden der sozialen Einrichtungen verrichten die gleiche Arbeit wie die Kolleg*innen in den Einrichtungen des Landes. Wir wollen nicht mehr, sondern nur Gleichbehandlung der freien Träger. Die Steuereinnahmen dienen allen Bürgerinnen und Bürgern und nicht nur dem Land. Deshalb fordern wir Fairness in der Refinanzierung! Wenn die freien Träger nicht besser finanziert werden, müssen sie ihre Angebote im nächsten Jahr deutlich einschränken. Das wäre ein schleichender Abbau sozialer Leistungen. Das kann sich Berlin nicht leisten. Das ist sozialer Sprengstoff!"
Prof. Dr. Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - LV Berlin: "Wir vertreten als Paritätischer Wohlfahrtsverband in Berlin über 800 soziale Organisationen: von Kitas, über Pflegeeinrichtungen, bis hin zu Beratungsstellen, Stadtteilzentren, aber auch viele kleine Vereine und Selbsthilfegruppen. Sie alle sorgen dafür, dass Kinder, alte und kranke Menschen oder Menschen in schwierigen Lebenslagen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Wir begrüßen, dass die ursprünglich geplanten dramatischen Kürzungen im sozialen Bereich des Haushaltsentwurfs 2024/2025 von der Koalition zurückgenommen wurden. Aber das reicht nicht. Durch die immensen Kostensteigerungen klaffen in vielen sozialen Organisationen große Finanzierungslücken. Die müssen geschlossen werden. Wir sind die Zivilgesellschaft und als solche die Stimme für viele Menschen in unserer Stadt. Nur gemeinsam können wir ein solidarisches und demokratisches Berlin gestalten. Dafür brauchen wir jetzt und in Zukunft eine ausreichende langfristige Finanzierung."
Katja Karger, Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg: "Die anständige Ausfinanzierung von sozialen und arbeitsmarktpolitischen Angeboten ist für Gewerkschaften wichtig: Ohne diese wäre die Stadt weniger sozial, der Zusammenhalt würde bröckeln. Auch für die Beschäftigten in diesem Bereich ist eine gute und auskömmliche Finanzierung elementar. Bisher gehen Sparmaßnahmen zu häufig zu Lasten der Arbeitnehmer*innen. Die Kriterien von Guter Arbeit müssen auch für soziale Unternehmen gelten. Eine tarifliche Lohnsteigerung muss ebenso finanziert werden wie betriebliche Mitbestimmung durch Betriebsräte. All das ist bisher absolute Mangelware und damit das Gegenteil von Wertschätzung für diese wichtige Arbeit in der Stadt. Deshalb darf der Berliner Haushalt hier nicht kürzen. Die Projekte aller freien Träger müssen solide ausfinanziert werden, sonst geht ein wichtiges Stück Berlin verloren."
Die Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften werden weiterhin den konstruktiven Austausch suchen und klar die Konsequenzen einer Sparpolitik in Zeiten ungewöhnlich hoher Sozialbedarfe aufzeigen.
Die Zeit tickt, aber noch können die Berliner Abgeordneten das Ruder herumreißen.
Weitere Informationen:
www.caritas-berlin.de/wichtiger-als-du-denkst
https://www.diakonie-portal.de/fileadmin/user_upload/Aktuelles/Aktuelle_Meldungen/Dateien/umfrage_soziale-angebote-in-gefahr_2023.pdf