Pressemitteilung des Diözesan-Caritasverbandes Berlin |
Caritas und Katholische Akademie diskutierten ein brennendes Problem |
Eigentum verpflichtet wen wozu? |
"Nehmt dem einen sein Talent weg und gebt es dem, der schon zehn hat." Zur Diskussion eines nicht gerade leichten Themas luden am Dienstag Abend, 15.02.2000, Caritas und Katholische Akademie ein, und weit über hundert kamen. "Eigentum verpflichtet" wen? wozu? – darüber wollte man nachdenken. Anlass war das Jahresthema der Caritas: "... und die Armen?". Als Auftakt war das Treffen deklariert zu einer Reihe von Veranstaltungen, zu denen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas einladen lassen wollen, um in Kirchengemeinden, Verbänden, Organisationen aus der Sicht von Sozialarbeitern die Situation von Armen in unserer Gesellschaft zur Sprache zu bringen. Nicht als versteckter Vorwurf an Menschen, die sich nicht gerade als arm zu bezeichnen brauchen, sei das Thema gedacht, so Diözesan-Caritasdirektor Franz-Heinrich Fischler in seiner Begrüßung, sondern als "Überprüfung der eigenen Einstellung". Auf dem Podium wurden denn auch ausgemachte Fachleute begrüßt: Ein Einführungsreferat hielt der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Prälat Hellmut Puschmann. Mit ihm diskutierten Erich Gerard, Leiter des Berliner Büros der Siemens AG, und Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis, Staatssekretär im Finanzministerium Sachsen-Anhalt. Puschmann betonte, "dass die Kirche in demokratisch legitimierten Gesellschaften die Stimme erheben muss, wenn sie Entwicklungen wahrnimmt, die vom Evangelium her hinterfragt und verändert werden müssen". Mit Zahlen belegte er, dass in der Vermögensentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland sich zunehmend eine tiefe Kluft zwischen Vermögenden und geradezu Armen auftue. Eine Tatsache, die beunruhigt, da es nicht nur um die Gefährdung des sozialen Friedens geht sondern um eine ganz deutliche Beeinträchtigung der Lebenschancen weiter Teile unserer Gesellschaft. Puschmann stellte ein Kapitalsystem in Frage, in dem Vermögen virtuell bleibt und somit der Sozialpflichtigkeit entzogen wird. Eine solche Art von Reichtum sei "asozial, weil er einzig der persönlichen Bereicherung dient und nicht geeignet ist, Gesellschaft und Politik zum Wohl der Menschen zu gestalten". Für den Siemens-Chef Gerard verpflichtet Eigentum ganz ohne Umschweife dazu, vermehrt zu werden. Die ethische Rahmenordnung sei das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft. Die grundgesetzlich verankerte Sozialpflichtigkeit des Vermögens (Art. 14) verpflichte den Unternehmer zu stetigem wirtschaftlichen Wachstum und somit zur stetigen Vermehrung seines Vermögens. Dadurch würden Arbeitsplätze und in Folge dessen ein für große Teile der Gesellschaft hoher Lebensstandard gesichert. Staatssekretär Schackmann-Fallis bemängelte, dass jeder immer nur auf den anderen zeige und nur aus seiner Perspektive heraus argumentiere. Jeder folge seinem Eigennutz, gebändigt durch die Grenzen der sozialen Marktwirtschaft. Moralische Appelle seien immer preiswert, Lösungen müssten her. Oder gäbe es dann keine Armut, wenn alle gleich wären? So wurden die Bälle der Fragen und Feststellungen auf hohem Niveau hin und her gespielt, auf den Boden des Alltags vieler Menschen in der Republik führte die Frage aus dem Publikum von Annette Reck, Sozialarbeiterin beim Diözesan-Caritasverband, wo denn in dem Gewirr der Kräfte die Chancen der Menschen blieben, mit denen sie tagtäglich zu tun habe, die Chancen der Flüchtlinge, der Aussiedler, der alleinerziehenden Mütter, der kinderreichen Familien. Eine Antwort blieb die Runde schuldig. Vielleicht kann sie in den Kirchengemeinden, kirchlichen Verbänden und Organisationen eher gefunden werden. Die tagtäglichen Probleme einer unübersehbar großen Zahl unserer Mitmenschen zur Kenntnis zu nehmen wäre ja möglicherweise schon eine. Die Welt der Aktien und Dividenden ist nicht die Welt aller Menschen. Eine kleine kostenlose Broschüre mit Veranstaltungsangeboten für Kirchengemeinden, Verbände und Gruppen, die zum Thema "Armut und Reichtum unter verschiedenen Blickwinkeln" informieren, ist erhältlich bei der Caritas-Pressestelle, (0 30) 8 57 84-2 70 oder caritas.berlin.mordeja@ibm.net
Joachim Mordeja |
Pressemitteilung
Eigentum verpflichtet wen wozu?
Erschienen am:
17.02.2000
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