Pressemitteilung des Diözesan-Caritasverbandes Berlin |
Dr. Elisabeth Rasch, erste Straßenärztin Berlins mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet |
Berlin (cv) - Mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet wird am 1. Oktober Dr. Elisabeth Rasch (39) im Berliner Rathaus. Vor sechs Jahren konnte der Berliner Caritasverband Elisabeth Rasch als Ärztin für sein Projekt "Medizinische Hilfe für Wohnungslose" gewinnen. Rasch verbrachte gerade einen Urlaub in Berlin, hörte von dem Plan der Caritas und sagte "übergangsweise" zu. Aus der "Übergangszeit" wurden sechs Jahre, und vorläufig denkt Elisabeth Rasch nicht daran, sich von ihren Patienten zu trennen. "Die Leute sind wirklich sehr krank", ist ihre Begründung. Begonnen hat sie ihre Arbeit buchstäblich auf der Straße, auf Bahnhöfen, vor Suppenküchen, überall dort, wo wohnungslose Menschen sich aufhalten. Ein Verbandswechsel beispielsweise mußte hinter einer Plakatwand durchgeführt werden, "unwürdig sowohl für den Patienten wie für die Ärztin". Heute kann sie in der Bahnhofsmission am Zoo einen kleinen Raum von sechs Quadratmetern ärztlich nutzen, um Kranke und Obdachlose von der Straße zu versorgen. Einen anderen Teil ihrer Sprechstunden hält sie in ihrer bescheidenen "Ambulanz für Wohnungslose" in der Pankower Wollankstraße, Tür an Tür mit der in der ganzen Stadt bekannten Suppenküche. "Wir wollen weiterhin immer für die dasein, die ganz unten sind, die auf der Straße leben, die nirgends sonst ärztliche Hilfe finden, weil sie nicht versichert sind, verwahrlost, verlaust, psychisch krank und daher von ‘normalen’ Arztpraxen und von den Rettungsstellen abgewiesen werden beziehungsweise dort sogar ‘Hausverbot’ haben", und so würde keiner dieser Menschen mit seiner Blutvergiftung, mit seinen Erkältungs- oder Hautkrankheiten je in den Genuß einer medizinischen Hilfe kommen, wenn es nicht Menschen gäbe wie beispielsweise Dr. Elisabeth Rasch und ihr Team. Anfangs arbeitete Rasch ganz allein, heute gehören zu ihrem Team Sozialarbeiter, Arzthelferin, Zivildienstleistender, ehrenamtliche Medizinstudenten, "ohne die ich es wirklich nicht geschafft hätte". Die Straßenärztin hat intensive Kontakte zu Krankenhäusern aufgebaut, wie zum Beispiel zum St. Josephs-Krankenhaus in Tempelhof und zu den Caritas-Kliniken Pankow, die immer bereit sind, sich ihrer Schützlinge anzunehmen. Da sie selber nicht über alle Geräte für Spezialuntersuchungen verfügt, hat sie Kolleginnen und Kollegen, niedergelassene Fachärzte, gefunden, die ihr helfen und bereit sind, Wohnungslose unentgeltlich zu behandeln. "Dringend würden wir noch einen Orthopäden brauchen!" Die Ärztin Elisabeth Rasch versteht ihre Arbeit nicht nur als rein medizinische Hilfe. Damit wäre ihren Patienten nicht wirklich geholfen. Wenn die wohnungslosen Menschen, die zu ihr kommen, aus eigenen Stücken wollen - jeder wird erst einmal angenommen wie er ist, Zwang wird grundsätzlich keiner ausgeübt -, hilft das Team von Elisabeth Rasch auch bei der Bearbeitung der ganz persönlichen Lebensumstände. "Reintegration", Rückführung in ein normales Leben, ist der Kernpunkt im Selbstverständnis des Projektes. Rückführung auch in das normale Gesundheitssystem, Weiterleitung zum niedergelassenen Hausarzt. "Der überwiegende Teil unserer Leute nimmt nicht mal Sozialhilfe in Anspruch." Wie sollen sie so irgend etwas in ihrem Leben ändern? Wie sollen sie so wirklich an Leib und Seele gesund werden? Wie vielen Menschen die Ärztin helfen konnte, kann sie gar nicht mal mit Sicherheit sagen. "In der Suppenküche Wollankstraße treffe ich dann und wann ‘alte’ Patienten, die heute in einer eigenen Wohnung leben und regelmäßig zu ihrem Hausarzt gehen. Das gibt dann auch neue Kraft und Motivation." Suchterzeugende Medikamente sind absolut tabu. Verständlich, denn wieviel leiden auch ohne diese Medikamente schon unter verschiedenen Süchten! Bei einer Einweisung in die Rettungsstelle oder ins Krankenhaus werden sie persönlich begleitet. "Wir arbeiten im Netz, und das kommt ihnen zugute." Welchen Wunsch hat die Obdachlosenärztin, der "ihre Leute" im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen sein müssen, für die Zukunft? Sie gibt unumwunden zu: "Nicht ständig um Geld kämpfen müssen!" Das noch neben ihrer schweren Arbeit auch noch leisten zu müssen, ist nervenaufreibend. Eine Patenschaft von möglichst vielen Menschen wäre ihr am liebsten, die sich für eine zweite Ambulanz neben der Wollankstraße - auch für die immer größer werdende Zahl von Straßenkindern - verantwortlich fühlten und durch einen regelmäßigen finanziellen Beitrag mit absicherten. Interessenten können sich bei Peter Wagener, Telefon 030 / 4 90 08-204 melden. Spenden unter dem Stichwort "Obdachlosen-Ambulanz" auf das Konto 2 06 00 02 00 der Caritas bei der Commerzbank (BLZ100 400 00) oder Sachspenden würden der Ärztin und ihrem Team helfen, weiterhin kompetente und liebevolle Begleiter für die vielen Straßenmenschen zu sein. Hinweis für die Redaktionen:
Elisabeth Rasch steht zu Interviews gern zur Verfügung. Termine können direkt mit ihr unter der Rufnummer 030 / 4 85 39 58 vereinbart werden. |
Pressemitteilung
Dr. Elisabeth Rasch, erste Straßenärztin Berlins mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet
Erschienen am:
28.09.1998
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