Essen/Düsseldorf (cde)
- Eine neue Verständigung über soziale Gerechtigkeit und neue Anstrengungen, sie zu erreichen, hat NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) gefordert. Dazu gehöre, dass "möglichst viele Menschen ihr Leben aus eigener Kraft gestalten können", schreibt Steinbrück in der neuesten Ausgabe der in Düsseldorf erscheinenden Zeitschrift " Caritas in NRW "(Ausgabe 3/04). Kinder früh zu fordern und zu fördern könne die Prägung (durch soziale Herkunft ausgleichen. Generell müsse das Prinzip des Aussortierens gegen das Prinzip der frühen Ermutigung ausgetauscht werden. Daneben sind für Steinbrück mehr Ganztags-Betreuung, stärkere Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen, aber auch der Bestand sozialer Sicherungssysteme Ansatzpunkte für soziale Gerechtigkeit heute.Für NRW-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers (CDU) ist soziale Gerechtigkeit "Gegengewicht und Ausgleich zum Prinzip des Sozialdarwinismus". Wichtig für eine Gesellschaft seien nicht nur die Schnellen, die Intelligenten, die Starken, die Gesunden, die Reichen und die Schönen", sondern auch Alte, Arme und Kranke. Ihre Erfahrung, ihre Kreativität, ihre Liebens-Würdigkeit und ihre Menschlichkeit seien nicht mit Geld aufzuwiegen. "Gerade durch die Verschiedenartigkeit der Menschen, ihrer Charaktere und Fähigkeiten entwickelt sich unsere Gesellschaft, werden neue Impulse gesetzt, können wir uns Veränderungen anpassen, schreibt Rüttgers in der Zeitschrift.
Der Essener Diözesan-Caritasdirektor Andreas Meiwes kritisiert in einem Beitrag, dass die Maxime des "Forderns und Förderns" benutzt werde, auf Modernisierungsverlierer" massiven Druck auszuüben. Schon jetzt steige die Anzahl der Klienten in den Beratungsdiensten der Caritas bei gleichzeitig erzwungenem Personalabbau messbar an. Politiker, die weitere Sozialkürzungen forderten, gefährdeten die soziale Gerechtigkeit im Lande und müssten sich vorwerfen lassen, die sozialen Realitäten nicht zu kennen. Der Deutsche Caritasverband habe inhaltliche Kriterien für die Beurteilung von Sozialreformen erarbeitet. So müsse es ein tragfähiges unterstes soziales Netz geben, das Sozialsystem müsse finanzierbar, transparent und verständlich sein, sich an der Leistungsfähigkeit der Bürger orientieren und gegen staatliche Eingriffe nach "Haushaltslage" resistent sein.
"Klima der Depression"
Heftige Kritik an der Agenda 2010 der Bundesregierung und den damit verbundenen Sozialkürzungen übte der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach SJ. Das Reformspektakel habe den Menschen keinen Mut gemacht. "Es war vorauszusehen, dass diese Art von Politik, die den Rentnern, den Kranken, den Versicherten, den Obdachlosen und den Langzeitarbeitslosen Einschnitte verordnet, ein Klima der Depression verbreitet, das krebsartig wuchert", sagte Hengsbach in einem Interview mit "Caritas in NRW". Die hohe Staatsverschuldung zeige nur, das in den öffentlichen Kassen kein Geld sei, nachdem es über Steuersenkungen zugunsten der Bereicherung privater Haushalte umverteilt wurde. Der Staat verschulde sich nicht gegenüber den noch nicht Geborenen, sondern gegenüber denen, die über das entsprechende private Geldvermögen verfügen", sagte der Sozialethiker. Das Geld sei schlecht verteilt, kritisierte Hengsbach.
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