Abschiebungen sind aktuell Bestandteil der migrationspolitischen Praxis in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern. Vor einer solch einschneidenden Maßnahme sollten aber alle Lebensumstände sorgfältig geprüft werden. Dass dies leider nicht immer geschieht, zeigt der Fall der Familie P., die über lange Zeit von der Caritas betreut wurde.
Familie P. aus Georgien war seit 2018 in Deutschland. Sie durchlief erfolglos das Asylverfahren und lebte seit August 2020 im Duldungsstatus. Ungeachtet der unsicheren Bleibeperspektive unternahm die Familie vielfältige Integrationsbemühungen in Anklam. Frau P. arbeitete im Pflegebereich und strebte eine Ausbildung an. Seit Oktober absolvierte sie einen Integrationskurs, der Bedingung für eine Ausbildung ist. Die 14-jährige Tochter war in Anklam gut integriert und besuchte das Gymnasium. Die fünfjährige Tochter besuchte die örtliche Kita. Da sie als Kleinkind nach Deutschland kam, spricht sie ausschließlich Deutsch. Aufgrund traumatischer Erfahrungen befand sich die Familie stationär in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Ueckermünde. Am 11.03.2021 wurde die Familie mitten in der Nacht von dort abgeschoben. Die Familie hatte zuvor bereits zugesichert, unverzüglich nach ihrer Entlassung die zuständige Ausländerbehörde aufzusuchen, die sie zum Vorsprechen aufgefordert hatte.
Die nächtliche Abschiebung aus der Psychiatrie stellte für die Familie und besonders für die stark psychisch belastete jugendliche Tochter eine unverhältnismäßige Härte dar. "Eine solche unerwartete Abschiebung aus einem ärztlichen Schutzraum verschlimmert Probleme und wirkt retraumatisierend", sagt Leonie Vangelista von der Caritas Migrationsberatung in Anklam, die die Familie lange Zeit betreute. Im Falle der Familie P. kommt dazu, dass bei der Ausländerbehörde aus Sicht der Caritas Fehlinformationen vorlagen. Der Mutter wurde vorgeworfen, dass sie nicht genug unternommen hätte, um ihre Integrationswilligkeit unter Beweis zu stellen weil sie ihren Sprachkurs nicht abgeschlossen habe. Der Integrationssprachkurs, an dem sie regelmäßig teilnahm, wäre im Februar 2021 mit einem B1-Zertifikat beendet worden. Sie hätte sich dann unmittelbar für die angestrebte Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin beworben. "Durch die Corona-Pandemie pausiert der Kurs aber, so dass ein Abschluss gar nicht möglich war. Dieser Umstand wurde nicht berücksichtigt" so Vangelista.
"Eine Abschiebung ist immer eine einschneidende Maßnahme. Menschen, die abgeschoben werden und diejenigen, die zurückbleiben, sollten die Möglichkeit haben, sich zu verabschieden. Im Falle der Familie P. konnten sich weder die Familie noch die zurückgebliebenen Mitschüler, Kita-Kinder, Erzieher oder Lehrer von den lieb gewonnenen Bezugspersonen verabschieden. Dies ist eine schmerzliche Erfahrung für alle. Wenn sich dann noch herausstellt, dass aufgrund unzutreffender Bewertungen abgeschoben wird, müssen wir das mit aller Entschiedenheit kritisieren. So etwas darf sich nicht wiederholen", erklärt Stephan Krug, Regionalleiter der Caritas in Greifswald.
Weitere Informationen: Leonie Vangelista - Tel.: 03971 2035-0 / Stephan Krug - Tel.: 03834 7983200