Miteinander statt Nebeneinander
"Wo Glauben Raum gewinnt" hieß es Ende Mai in der Pfarrei "Herz Jesu" in Berlin-Prenzlauer Berg. Gemeinsam mit dem Pfarrgemeinderat organisierte die Projektstelle "Caritas rund um den Kirchturm" ein Netzwerktreffen "Menschen im Pastoralen Raum". Mitten in der Findungsphase sollten die unterschiedlichen katholischen Einrichtungen der Pfarrei zusammenfinden.
"Ich weiß wohl, dass es ein Bundeswehrkrankenhaus auf unserem Pfarrgebiet gibt und dass dort ein Seelsorger arbeitet", gibt Pfarrgemeinderatsvorsitzende Tina Heller freiweg zu, "aber erst seit heute weiß ich, wer das ist, wie er aussieht, was er da macht." Heller ist beeindruckt, wie viele Orte kirchlichen Lebens es in ihrer Pfarrei zu entdecken gibt: das St. Hedwig-Krankenhaus, das Frauenzentrum "Evas Arche" oder die Kindertagesstätte Herz-Jesu, Caritas-Einrichtungen wie die Schuldnerberatung, die Erziehungs- und Familienberatung, das Flüchtlingsheim oder das Sucht-Café. Hinzu kommen die Katholische Akademie, das Projekt St. Adalbert der Gemeinschaft Chemin Neuf oder Vertretungen bundesweiter Einrichtungen wie das Büro von Misereor oder die Geschäftsstelle des Familienbundes der Katholiken.
Pastorale Partnerschaften für mehr Schub
"Wir arbeiten dafür, dass Vernetzung und Beziehungsaufbau zwischen Gemeinden und Orten kirchlichen Lebens gelingt. Dafür bieten wir unsere Hilfe an", erklärt Daniela Bethge, Leiterin der Projektstelle "Caritas rund um den Kirchturm". Die Projektstelle hat den Auftrag, Pfarreien und Orte kirchlichen Lebens zusammenführen. Es sollen Partnerschaften entstehen, die dem katholischen Leben in künftigen Pastoralen Räumen einen Schub geben können. Daniela Bethge und ihr Kollege Benedikt Zimmermann wollen ein Miteinander statt ein Nebeneinander von Pfarreien und Orte kirchlichen Lebens.
Speed-Dating, um einander kennen zu lernen
Dass dies kreativ, witzig und sympathisch gelingen kann, bewies das Pilotprojekt in Herz Jesu. Mit einem Speed-Dating, wie bei der Partnersuche, lernten sich zunächst die katholischen Player des Pfarrgebietes persönlich kennen. "Erzählen Sie: für was schlägt Ihr Herz?" "Welche Person hat Sie im Glauben geprägt?" "Erzählen Sie von Ihrer ersten Arbeitsstelle." Drei Fragen, fünf Minuten, dann wechseln die Gesprächspartner. Im anschließenden Talk stellte die Handpuppe "Päckchen", souffliert von Melanie Streibelt, angenehme und unangenehme Fragen unter anderem Pater Jacek Mleczko, dem Pfarrer von Herz Jesu, Markus Papenfuß von der Stabsstelle "Wo Glauben Raum gewinnt" und Frank Petratschek, Leiter der Caritas-Region Berlin Nord. Am Ende des Abends bekamen die versammelten Verantwortlichen einen Papierbogen, auf dem sie verbindlich ein Kennlernangebot in ihrer Einrichtung allen Anwesenden unterbreiten sollten, das zeitnah einzulösen ist. Ein Rundgang durch die Charité mit dem Krankenhausseelsorger, eine Präsentation des ehrenamtlichen Engagements der Pfarrei, ein Abend zum Thema Willkommenskultur in der Flüchtlingsunterkunft, ein Treffen in der Schuldnerberatungsstelle - in den kommenden Wochen wird der Pastorale Raum der Pfarrei Herz Jesu für alle Verantwortlichen noch greifbarer.
"In unsere Einrichtungen kommen oftmals Menschen, die kaum Bezug zur Gemeinde haben und die vom Glauben nur noch wenig wissen", beschreibt Caritas-Regionalleiter Frank Petratschek die Chancen, die in einem veränderten Blick auf die Orte kirchlichen Lebens liegen. "In unseren Einrichtungen können sie ihre Ängste und Vorbehalte gegenüber Kirche überwinden und neue Anknüpfungspunkte zu Kirche und Glaubensfragen finden." Wie sich in diesem Bewusstsein das Miteinander von Orten kirchlichen Lebens und Gemeinden in den kommenden Pastoralen Räume gestalten lässt, muss sich nach der Findungsphase in der Entwicklungphase in einem Pastoralkonzept konkretisieren.
Die Projektstelle "Caritas rund um den Kirchturm" unterstützt Kirchengemeinden und Orte kirchlichen Lebens im Pastoralen Prozess "Wo Glauben Raum gewinnt".
Text: Alfred Herrmann